Finanzierung des Pflegefallrisikos: Reformperspektiven im demografischen Wandel
In: IW-Analysen Nr. 99
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In: IW-Analysen Nr. 99
Das Reformvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums zur künftigen Finanzierung der Pflegeversicherung ist umfangreich. Die Eckpunkte tangieren sowohl Fragen der Entlohnung, des Leistungsumfangs als auch der Finanzierung. Die Analyse zeigt, dass eine Umsetzung der vorliegenden Eckpunkte weniger zu einer höheren Demografiefestigkeit und Nachhaltigkeit führen würde als vielmehr umfangreiche Umverteilungseffekte nach sich zöge. Deren Ausmaß ist ohne weitere Forschung nur unvollständig zu überschauen: * Einerseits sollen Finanzmittel aus der Beitrags- in die Steuerfinanzierung überführt werden - wobei noch nicht geklärt ist, ob auch die private Pflegeversicherung dann einen Steuerzuschuss erhält und damit Ausgaben, die bisher prämienfinanziert sind, aus Steuermitteln finanziert werden. * Andererseits werden Leistungen zur stationären Pflege ausgeweitet, die ambulante Pflege hingegen mittel- bis langfristig stärker aus dem Leistungsversprechen der Pflichtversicherung hinaus in die private Vorsorge verschoben. Welche gesellschaftlichen Gruppen somit profitieren und welche im Vergleich zu heute stärker belastet werden, erfordert zusätzliche verteilungspolitische Analysen. - A priori ist es aber keineswegs eindeutig, dass insbesondere Geringverdiener entlastet würden. Darüber hinaus ist nicht hinreichend klar, ob ein Zuschuss aus Steuermitteln überhaupt möglich ist. Denn dazu müsste geklärt werden, ob die Pflegeversicherung gesamtgesellschaftliche Aufgaben im Status quo erfüllt - und wenn ja, welche. Der wissenschaftliche Diskurs liefert dazu bislang keine eindeutigen Ergebnisse. Sollte aber die Auffassung vertreten werden, dass ein Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung nicht gerechtfertigt werden kann, so beinhaltet das Reformvorhaben in den kommenden Jahren zunächst eine im Vergleich zu heute höhere Beitragssatzbelastung in der sozialen Pflegeversicherung und langfristig keine deutliche Entlastung - trotz einer geplanten Reform des Pflegevorsorgefonds. Zusätzlich besteht die offene Frage, ob die geplante Tarifbindung für die Beschäftigung von Pflegekräften umsetzbar ist oder mit der Tariffreiheit in Konflikt steht. Auch fehlen zum gegenwärtigen Zeitpunkt Präzisierungen zum geplanten Personalbemessungsverfahren. Über die Klärung dieser offenen Punkte hinaus bedarf es einer normativen Diskussion, ob die geplante Umverteilung gesellschaftlich erwünscht ist - sowohl mit Blick auf die finanziellen Belastungen des Sozialstaates einschließlich der intergenerativen Umverteilungseffekte, die im demografischen Wandel tendenziell zunehmen, als auch mit Blick auf die geplante intragenerative Umverteilung, von der wahrscheinlich nicht ausschließlich Menschen mit geringem Einkommen und Vermögen profitieren werden. ; The reform project of the Federal Ministry of Health for the financing of long-term care is extensive. The key points affect both questions of renumeration and the scope of services financed by the statutory insurance. However, the analysis shows that the reform would not lead to greater demographic stability and sustainability but would rather cause redistribution effects. Their extent cannot be fully understood without further research. Thus, which social groups benefit an which are more burdened compared to today requires additional analyses. A priori, however, it ist by no means clear, that the burden on low-wage earners in particular would be lowered. Furthermore, there are a additional pending issues: It is neither sufficiently clear whether a subsidy from tax revenues is even possible nor whether collectively agreed wages can be required. In summary, the reform project needs further clarification as well as a normative discussion whether the planned redistribution is socially desirable.
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In dieser Woche stellt die Bundesregierung vor, wie die Personalschlüssel in Pflegeheimen künftig berechnet werden sollen. Ziel ist es, ein bundeseinheitliches Instrument einzuführen, das mehr Transparenz und damit mehr Sicherheit mit Blick auf die Pflegequalität schafft. Wird es jedoch zu scharf gestellt, drohen neue Verwerfungen - gerade angesichts bestehender Fachkräfteengpässe.
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Immer mehr Menschen nehmen die Sozialhilfeleistung "Hilfe zur Pflege" in Anspruch. Allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass Pflegebedürftigkeit heute häufiger in die Bedürftigkeit führt als noch vor zehn Jahren. Denn auch die Pflegefallzahlen insgesamt sind in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Setzt man die Anzahl der Empfänger von Hilfe zur Pflege und die der Pflegebedürftigen insgesamt ins Verhältnis, zeigt sich, dass der Anteil der Hilfeempfänger an den Pflegebedürftigen fast konstant geblieben ist - ein Aufwärtstrend hat nicht stattgefunden. Das gilt nicht nur im bundesweiten Durchschnitt, sondern auch für die einzelnen Bundesländer - allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden: Waren in Hamburg in 2015 knapp ein Viertel der Pflegebedürftigen auf diese staatliche Unterstützung angewiesen, haben in Brandenburg im selben Jahr nur rund 7 Prozent diese Sozialleistung erhalten. Erkennbar ist bisher nur, dass im bundesweiten Durchschnitt insbesondere Pflegebedürftige, die in Pflegeheimen versorgt werden, Hilfe zur Pflege beziehen: So erhalten zwar ungefähr ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Pflegeheimen "Hilfe zur Pflege", von einer generellen, drastischen Zunahme in den letzten Jahren kann aber auch hier nicht die Rede sein. Auch hier zeigen sich allerdings regionale Unterschiede: Insbesondere in den Stadtstaaten Berlin (45 Prozent), Hamburg (55 Prozent) und Bremen (66 Prozent), aber auch in den Flächenländern Sachsen (66 Prozent) und Schleswig-Holstein (68 Prozent) leben anteilig weniger Empfänger von Hilfe zur Pflege in Einrichtungen als im bundesweiten Durchschnitt - in Berlin werden sogar mehr Empfänger außerhalb von Einrichtungen gepflegt. Auch diese bundeslandspezifischen Anteile sind seit 2009 weitestgehend konstant geblieben und schwanken um die hier ausgewiesenen Werte. So gibt es durchaus regionale Unterschiede, aber keine deutlichen Hinweise, dass sich in bestimmten Bundesländern Probleme in der Vergangenheit massiv verschärft haben. Das heißt jedoch nicht, dass dies auch für die Zukunft gilt. Entscheidend sind hier nicht nur Faktoren wie die künftige Einkommens- und Vermögenssituation der Haushalte und ihre familiäre Situation, sondern auch die Höhe der Pflegekosten, die durch den Fachkräftemangel weiter steigen können. Aus diesem Grund ist die Politik gefordert, mindestens für Planungssicherheit zu sorgen und die Leistungen der Pflegepflichtversicherung zu stabilisieren. Denn nur so ist private Vorsorge möglich. Ob eine Pflicht zur ergänzenden Vorsorge für den Pflegefall nötig ist, kann nach dem gegenwärtigen Forschungsstand nicht eindeutig beantwortet werden. Dazu ist bisher zu wenig darüber bekannt, wie genau Menschen für den Pflegefall vorsorgen. Möglicherweise reicht eine deutliche und offene Kommunikation aus, um private Vorsorge zusätzlich zu erleichtern. Möglicherweise sind auch neue, freiwillige Formen im Bereich einer ergänzenden Vorsorge hilfreich. ; More and more people use the social assistance benefit "help for care". However, this does not automatically mean that long-term care is more needed today than it was ten years ago. After all, the total number of long-term care cases has continued to rise in recent years. If one compares the number of recipients of help for care and the total number of people in need of long-term care, it can be seen that the proportion of help for care-recipients in those in need of long-term care has remained almost constant - an upward trend has not taken place. This applies not only to the nationwide average, but also to the individual federal states - but with clear regional differences: in Hamburg in 2015 more than one fifth of those in need of care depend on this government support, in Brandenburg only about seven percent in the same year get this social assistance benefit. So far, it has only been recognizable that, on a nationwide average, people in need of nursing care in nursing homes receive help in their care: for example, about one third of all people in care homes receive help for care. A general, drastic increase in the last few years, however, is not observable. Here too, however, there are regional differences: in particular in the city states of Berlin (45 percent), Hamburg (55 percent) and Bremen (66 percent), but also in Saxony (66 percent) and Schleswig-Holstein (68 percent) fewer recipients of help for care live in nursing homes than in the nationwide average - in Berlin, even more recipients receive do-mestic care. These country-specific shares have also remained largely constant since 2009. In summary, there are certainly regional differences, but no clear indications that in some states problems have massively exacerbated in the past. However, that does not mean that this also applies to the future. Not only factors such as the future income and wealth situation of households and their family situation are decisive here, but also the amount of care costs, which can be further increased by the shortage of qualified nurses. For this reason, policy makers are required to provide at least planning security and to stabilize the benefits of long-term care insurance. Only then is private provision possible. Whether mandatory supplementary insurance is necessary cannot be answered unequivocally according to the current state of research. To date, too little is known about how exactly people provide for the case of long-term care. Possibly, clear and open communication is sufficient to foster private provision. It may also be helpful to have new, voluntary forms in the area of sup-plementary provision for long-term care.
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Die Bundesregierung hat angekündigt, die Bedingungen in der Pflege weiter verbessern zu wollen. Allerdings hat der Bund keineswegs die alleinige Gestaltungshoheit im Bereich der Pflege. Insbesondere das Angebot an Pflegeheimplätzen und an ambulanter Pflege vor Ort wird maßgeblich durch das Handeln anderer staatlicher Ebenen beeinflusst. Länder und Kommunen haben grundsätzlich heute schon die Möglichkeit, einiges für die Situation in der Altenpflege zu tun und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Dass deutschlandweit mit steigenden Pflegefallzahlen allein aufgrund des demografischen Wandels gerechnet werden muss, zeigt eine Simulation. Bei unverändertem Gesundheitszustand nimmt die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2035 auf über vier Millionen zu. Selbst wenn sich die Pflegebedürftigkeit mit zunehmender Lebenserwartung in höhere Lebensalter verschiebt, müsste noch mit knapp 3,9 Millionen Pflegebedürftigen gerechnet werden. Insgesamt sind diese Ergebnisse eher als Untergrenze zu interpretieren, da hier die aktuellen Entwicklungen, die sich durch die Einführung der Pflegegrade ergeben, noch nicht eingerechnet sind. Die Simulationsrechnungen verdeutlichen zudem, dass eine wirkliche Entspannung der Lage in keinem Bundesland zu erwarten ist, alle Bundesländer müssen sich auf einen Zuwachs der Zahl der Pflegebedürftigen einstellen. Allerdings sind die Bundesländer unter anderem aufgrund ihrer spezifischen Bevölkerungsentwicklung unterschiedlich stark betroffen: Während der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung im wachsenden Berlin mit 3,5 Prozent konstant bleibt, steigt er in allen anderen Ländern weiter. Dieser Anstieg ist aber wiederum in den ostdeutschen Bundesländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt mit 2 Prozentpunkten beziehungsweise Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen mit sogar über 2 Prozentpunkten zwi-schen 2015 und 2035 vergleichsweise am stärksten. Für diese ostdeutschen Bundesländer liegt der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung in 2035 mit 7,3 Prozent (Mecklenburg-Vorpommern) beziehungsweise 6,8 Prozent (Brandenburg und Thüringen) und 6,7 Prozent (Sachsen-Anhalt) deutschlandweit am höchsten - in Hamburg (3,8 Prozent), Bayern (3,9 Prozent) und Baden-Württemberg (4,3 Prozent) hingegen am niedrigsten. Deshalb ist schon heute darüber nachzudenken, wie dieser Anstieg an Pflegefallzahlen bewältigt werden kann. In der Pflicht sind dabei neben dem Bund auch die Bundesländer zusammen mit ihren Kommunen, um den jeweiligen regionalen Herausforderungen in diesem Bereich zu begegnen. ; The Federal Government wants to further improve the conditions in long-term care. However, the federal government does not have the sole power of designing this field. In particular, the provision of nursing home places and on-site outpatient care is significantly influenced by the federal states and municipalities. They already have the opportunity today to do a lot for the situation in the care of the elderly and to set the course for the future. A simulation in which only the influence of demographic change is considered shows a nationwide increase of peo-ple in need of care in the future. If the state of health remains unchanged, the number of peo-ple in need of care will increase to more than four million by 2035. Even if the need for care shifts with increasing life expectancy into higher age, just under 3.9 million people in need of care can be expected. All in all, these results are to be interpreted as a lower limit, since the current developments resulting from the latest reforms are not yet included here. The simulations also show that a real easing of the situation is not to be expected in any of the federal states. However, due to their specific population development, the federal states are affected to varying degrees: while the proportion of people in need of care in the growing Ber-lin population remains constant at 3.5 percent, it continues to rise in all other federal states. However, in the most eastern German federal states this increase is comparatively strongest, with 2 percentage points in Brandenburg and Saxony-Anhalt respectively more than 2 percent-age points in Mecklenburg-Vorpommern and Thuringia between 2015 and 2035. Here, the proportion of those in need of care in the total population is also highest in Germany in 2035, with 7.3 percent (Mecklenburg-Vorpommern), 6.8 percent (Brandenburg and Thuringia) and 6.7 percent (Saxony-Anhalt). In comparison, Hamburg (3.8 percent), Bavaria (3.9 percent) and Baden-Württemberg (4.3 percent) are the lowest. Therefore, it is already time to think about how this increase in the numbers of people in need of care can be managed. In addition to the federal government, it is therefore the duty of the federal states together with their municipalities to meet the challenges in this area specific to their regions.
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In den letzten 20 Jahren sind die Pflegefallzahlen sowohl in der sozialen als auch in der privaten Pflegeversicherung kontinuierlich gestiegen. Dies mag zwar auch auf ein über die Zeit geändertes Antragsverhalten der Versicherten zurückzuführen sein, ein Großteil dieses Trends ist jedoch der zunehmenden Alterung der Bevölkerung zuzuschreiben. Allerdings hat das - aus pflegerischer Sicht sicher notwendige - Inkrafttreten der wichtigsten Regelungen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSGII) noch einmal für einen zusätzlichen Anstieg der Pflegfallzahlen gesorgt: Lag der Zuwachs in der sozialen Pflegeversicherung in der Vergangenheit immer maximal im oberen fünfstelligen Bereich, sind allein hier zwischen 2016 und 2017 über 550.000 Pflegebedürftige hinzugekommen (Abbildung 1-1). Ein Großteil dieser Entwicklung lässt sich den veränderten Leistungsansprüchen zuschreiben, und hierbei vor allem der Ausweitung der Definition von Pflegebedürftigkeit (hierzu auch Rothgang/Müller, 2018, 24 ff.).
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In dem im Februar vorgestellten Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD findet sich der Vorschlag, zwei neue Haltelinien für die gesetzliche Rentenversicherung einzuführen: Bis 2025 soll ein Sicherungsniveau von 48 Prozent nicht unter- und ein Beitragssatz von 20 Prozent nicht überschritten werden. Die weitere Entwicklung dieser Größen nach 2025 wird hingegen nicht weiter thematisiert. In diesem Beitrag werden drei mögliche Varianten für die Zeit nach 2025 vorgestellt: Die Rückkehr zum ursprünglichen Anpassungspfad dieser beiden Größen, ein Einfrieren dieser Größen über 2025 hinaus oder die Berechnung eines neuen Anpassungspfades beginnend mit dem Niveau in 2025. Anhand eines einfachen Simulationsmodells wird gezeigt, dass die Varianten, die von dem ursprünglichen Anpassungspfad abweichen, zwar zu einem höheren Sicherungsniveau führen, gleichzeitig jedoch nur mit einem höheren Beitragssatz beziehungsweise mit zusätzlichen Steuermitteln finanziert werden können. Insbesondere, wenn diese beiden Haltelinien über 2025 hinaus festgeschrieben werden, muss der Anteil der Bundesmittel an der Finanzierung der Rentenversicherung von gegenwärtig rund 30 Prozent auf über 37 Prozent in 2030 erhöht werden. In allen Varianten wird die künftige Beitragszahlergeneration stärker belastet, als es unter Beibehaltung der gegenwärtigen Rentenanpassungsformel der Fall wäre. Damit würde sich die Politik jedoch zusätzlichem Druck aussetzen: Erstens muss sie relativ schnell eine Antwort darauf liefern, wie es nach 2025, also bereits in sieben Jahre weitergehen soll. Zweitens besteht dann die Gefahr, dass sich die neu definierten Haltelinien nicht auf den alten Anpassungspfad zurückführen lassen, da dies mit "politischen Sachzwängen", sprich erheblichen Risiken für eine mögliche Wiederwahl der Sozialpolitiker verbunden wäre. Damit würden jedoch die höheren Belastungen für die künftigen Beitragszahler festgeschrieben. Drittens kann eine Verschlechterung der künftigen Arbeitsmarktsituation den Druck zusätzlich erhöhen und Handlungsbedarf schon vor 2025 erforderlich machen. Dann wird die Rentenpolitik jedoch zur Krisenpolitik und nimmt sich die Chance, gestalterisch tätig zu werden. ; The coalition agreement between the CDU / CSU and SPD of February, proposes to introduce two new "stop lines" for the statutory pension insurance: Until 2025, a net pension level of 48 percent should not be undercut and a contribution rate of 20 percent should not be exceeded. The further development of these factors after 2025, however, is not further discussed. This article presents four possible post-2025 scenarios: the return to the original adjustment path, the calculation of a new adjustment path starting at the 2025 level or an adherence on one or both of these factors beyond 2025. Using a simple simulation model it can be shown, that even a slight deviation from the original adjustement path can only be financed with a higher contribution rate or additional taxation. Especially if these two holding lines are set beyond 2025, the share of federal funds in the financing of the statutory pension insurance scheme must be increased from currently about 30 percent to more than 37 percent in 2030. In all scenarios, the future generation of contributors will be more heavily burdened than would be the case with the current pension adjustment formula. However, this would put additional pressure on policy-makers: First, they have to provide a rel-atively quick answer to what should happen after 2025 - in seven years. Secondly, there is the danger that a return to the old adjustment path would not be considered as an option, since this would be associated with "political constraints". This would, however, impose higher financial burdens on the future contributors. Thirdly, a deterioration in the future labour market situation may increase pressure and require action before 2025. Then, however, pension politics become rather a crisis policy than a pension policy which develops creative and sustainable solutions in advance.
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Die Anzahl der Pflegebedürftigen, die auf Hilfe zur Pflege angewiesen sind, steigt immer weiter. Auch wenn dies nicht zwangsläufig bedeutet, dass Pflegebedürftigkeit zunehmend in die Bedürftigkeit führt - denn insgesamt steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen - ist dies doch eine weitere Herausforderung, der die Politik begegnen muss. Betroffen sind hier vor allem auch die Träger der Sozialhilfe, die nicht auf Bundesebene angesiedelt sind: Je nach Bundesland sind unterschiedliche Träger für die Hilfe zur Pflege verantwortlich - Kreise (und damit mittelbar die Kommunen) und kreisfreie Städte, höhere Kommunalverbände wie beispielsweise die Landschaftsverbände, teilweise die Länder direkt. Allerdings ist diese Herausforderung keineswegs bundesweit gleich dringlich. Erstens variieren die Ausgaben für die Hilfe zur Pflege je nach Bundesland erheblich - und das nicht nur absolut, sondern auch pro Empfänger der Hilfe zur Pflege. Zweitens unterscheiden sich die Zahlen der Empfänger der Hilfe zur Pflege auch innerhalb der Bundesländer zwischen den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten - sowohl gemessen an der jeweiligen Bevölkerung als auch im Verhältnis zu den jeweiligen Pflegefallzahlen vor Ort. Angesichts dieser regional divergierenden Inanspruchnahme der Hilfe zur Pflege ist daher nicht nur der Bund, sondern in zunehmendem Maß auch die Kommunalpolitik gefragt, um gemäß der Bedingungen vor Ort die passenden Strategien zu entwickeln. Denn die Bundespolitik kann nur einheitliche Rahmenbedingungen festlegen, die je nach kommunaler Problemlage spezifischen Lösungen aber lassen sich nur durch Engagement der Beteiligten in den Regionen finden. ; The number of people in need of help for care continues to rise. Although this does not necessarily mean that need for long-term care is increasingly leading to need - because the total number of people in need of long-term care is also rising - this is yet another challenge politicians face. Particularly affected are the social welfare agencies, which are not located at the federal level: depending on the state, different institutions are responsible for help for care - districts (and thus indirectly the municipalities) and independent cities, higher municipal associations such as Regional Associations, partly the countries directly. However, this challenge is by no means equally urgent nationwide. Firstly, spending on help for care varies considerably depending on the state - and not just in absolute terms, but also in terms of help for care for each recipient. Secondly, the numbers of recipients of help for care differ within the federal states between the individual districts and independent cities - both measured by the respec-tive population as well as in relation to the people in need of care. In view of this regionally diversity, not only the federal government, but increasingly local governments are also in demand, in order to develop suitable strategies according to local conditions. After all, federal policy can only stipulate uniform framework conditions for all, but depending on the local situation, specific solutions can only be found through the involvement of local stakeholders.
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In: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik
ISSN: 2364-3943
In: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Band 43, Heft 4, S. 445-460
ISSN: 2364-3943
Warum wissen so wenige Patienten, dass sie sich auch im EU-Ausland medizinisch behandeln lassen dürfen - zu den gleichen Konditionen wie im Inland und ohne zusätzliche Auslandskrankenversicherung? Und warum wird diese Möglichkeit bisher so wenig genutzt, obwohl die nationalen Gesundheitssysteme davon profitieren könnten? Denn Kostenvorteile, die aus einer medizinischen Behandlung der Patienten im EU-Ausland entstehen, kommen vollständig den inländischen Kostenträgern zugute. Der Grund ist nicht nur in Sprachbarrieren oder Verwaltungsprozessen zu suchen. Denn die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten sind bisher stark national ausgerichtet. Es finden sich einige Organisationsformen und Gestaltungselemente, die sich im Zusammenspiel mit dem EU-Regelwerk negativ auswirken - beispielsweise die Nutzung von impliziten Rationierungsstrategien oder die Steuerfinanzierung medizinischer Infrastruktur. Um das Potenzial auszuschöpfen, das der gemeinsame Binnenmarkt für das Gesundheitswesen bietet, bedarf es daher eines Umdenkens in der nationalen Gesundheitspolitik. Die gegenwärtige Organisation des jeweiligen Gesundheitssystems ist dahingehend zu überprüfen, ob sie mit einem gemeinsamen Markt vereinbar ist und gegebenenfalls dahingehend zu reformieren. Denn insbesondere der demografischen Wandel, der viele EU-Mitgliedstaaten betrifft, macht es notwendig, das Gesundheitswesen effizient zu gestalten, um eine nachhaltige medizinische Versorgung auf hohem Niveau sicherstellen zu können. Vor diesem Hinter-grund sollten auch die Möglichkeiten genutzt werden, die der gemeinsame Binnenmarkt bietet. Die grenzüberschreitende Versorgung bietet hierzu bislang nicht ausgeschöpfte Potenziale. ; Why do so few patients know that they are allowed to be medically treated in other EU member states - on the same terms as within their own state and without additional health insurance? And why is this potential so far hardly used, even though national health systems could benefit from it? Cost advantages resulting from a medical treatment of patients abroad fully benefit the country of affiliation. Besides in language barriers and administrative processes, the reason might also be in the general organisation of the national health systems. There are some elements which have a negative effect on the interaction with the EU rules - for example the use of implicit rationing strategies or the tax financing of medical infrastructure. In order to make full use of the potential offered by the common market, a rethinking of national health policy is necessary.
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In den letzten Monaten wurde insbesondere die langfristige Tragfähigkeit der Gesetzlichen Rente in Politik und Öffentlichkeit diskutiert. Dabei traten die anderen Sozialversicherungszweige in den Hintergrund. Insbesondere in der Gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung sind jedoch Reformen ebenso dringend geboten. Denn auch sie sind vom demografischen Wandel langfristig betroffen. Zum einen steigen die durchschnittlichen Krankheits- und Pflegekosten mit zunehmendem Lebensalter an. Eine insgesamt ältere Bevölkerung verursacht daher Ausgabensteigerungen in beiden Versicherungszweigen - selbst wenn die Menschen in Zukunft gesünder wären, als sie es heute sind. Zum anderen werden die Beiträge einkommensabhängig erhoben. Da jedoch die Alterseinkommen im Durchschnitt unterhalb der Erwerbseinkommen liegen, sinkt das durchschnittliche beitragspflichtige Einkommen. Die umlagefinanzierten Systeme der Gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung sind daher sowohl auf der Ausgaben- als auch auf der Einnahmenseite vom demografischen Wandel betroffen. Ohne weitere Reformen ist daher auch für diese beiden Systeme mit Beitragssatzsteigerungen zu rechnen. Diese Entwicklung stellt der Politik daher zwei Aufgaben: Erstens ist sie gefordert, neue Ansätze und Wege für diese beiden Sozialversicherungszweige zu finden, sollen die Beitragssätze langfristig nicht aus dem Ruder laufen. Zweitens ist bei der Diskussion um einzelne Sozialversicherungszweige das gesamte Bild im Auge zu behalten: Werden für die Gesetzliche Rentenversicherung mittelfristige Beitragssatzerhöhungen diskutiert, so sollte nicht vergessen werden, dass selbige auch in der Gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung drohen. ; Recently, the sustainability of the German statutory pension system has been discussed intensively in the public. However, reforms are also necessary for the statutory health insurance and for the statutory long-term care insurance. They are also affected by demographic change in the long term. Without further reforms, contributions for both systems have to rise in order to finance the current entitlements. This will also be the case even if people will be healthier on average in the future than they are today. Therefore, new approaches for these two insurance systems are required if contribution rates should not get out of hand.
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Altert die Bevölkerung, wirkt sich dies auch auf die Finanzierung der Gesetzlichen Rentenversicherung aus. Muss eine zunehmende Zahl von Rentnern von tendenziell weniger Beschäftigten finanziert werden, steigt die durchschnittliche Belastung für den einzelnen Arbeitnehmer. Dem hat die Politik bereits in der Vergangenheit Rechnung getragen, indem in mehreren Reformschritten die Rentenberechnung modifiziert wurde. Gibt es im Verhältnis mehr Rentner als Beitragszahler, nehmen nicht nur die Rentenversicherungsbeiträge zu. Gleichzeitig steigen auch die Renten langsamer als die Löhne. Dadurch wird nicht nur eine Generation mit den Folgen des demografischen Wandels belastet. Darüber hinaus wurde als dritte Stellschraube die Regelaltersgrenze verändert: Sie wird in den nächsten Jahren schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Allerdings zeigen Berechnungen verschiedener Autoren, dass ein Ansteigen der Altersgrenze auf 67 alleine die Auswirkungen des demografischen Wandels voraussichtlich nicht vollständig kompensieren kann, so dass Beitragssatz und Rentenniveau vollkommen stabil bleiben. Hier wird simuliert, wie sich eine höhere Regelaltersgrenze auf die Finanzierung der Rentenversicherung auswirken kann. Die Ergebnisse weisen in dieselbe Richtung wie die anderer Studien: Unter der Annahme, dass künftig nicht alle Beitragszahler bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können, kann zwar selbst ein Anstieg über die 67 Jahre hinaus die Folgen der Bevölkerungsalterung auf die Rentenversicherung nicht vollständig aufheben. Umgekehrt zeigt sich aber sehr wohl ein positiver Effekt auf Beitragssatz und Rentenniveau.
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Ein stabiles Rentenniveau in der Gesetzlichen Rente lässt sich mittelfristig nur mit einer höheren Belastung der Erwerbstätigengeneration erreichen - vorausgesetzt die Regelaltersgrenze bleibt auf dem politisch festgelegten Niveau. Das Rentenniveau könnte theoretisch stabilisiert werden, wenn die Menschen länger arbeiteten. Die Frage ist nur: wie viel länger?
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Anhaltend niedrige Geburtenraten und eine steigende Lebenserwartung gehen nicht spurlos an der umlagefinanzierten Sozialversicherung vorüber. Gäbe es in den kommenden Jahrzehnten keinerlei Zuwanderung, die die Auswirkungen dieser Faktoren etwas abmildern kann, müssten in 2050 weniger als zwei Erwerbstätige einen Rentner versorgen (heute sind es mehr als drei). Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung müssten allein durch den demografischen Wandel um ein Drittel stiegen, die für die soziale Pflegeversicherung sogar knapp verdoppelt werden, um das heutige Leistungsniveau zu halten - medizinisch-technischer Fortschritt und andere kostensteigernde Faktoren noch nicht einmal berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund wird regelmäßig diskutiert, ob Eltern innerhalb dieser Versicherungen nicht eine andere Stellung haben müssen als es gegenwärtig der Fall ist. Da Eltern durch ihre Entscheidung, Kinder großzuziehen, das Fortbestehen der umlagefinanzierten Systeme gewährleisten, stellt sich die Frage, ob Kinderlose nicht zu großzügig behandelt werden. Eine nähere Analyse der Systemlogik, die der umlagefinanzierten Sozialversicherung inhärenten ist, und ein Abgleich mit dem Status quo lassen tatsächlich diesen Schluss zu. Die Reform aller umlagefinanzierten Sozialversicherungssysteme ist deshalb dringend angezeigt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Gesetzliche Rentenversicherung auf der einen und die Gesetzliche Kranken- und die soziale Pflegeversicherung auf der anderen Seite nicht gleich behandelt werden können, da sie unterschiedlichen Versicherungsprinzipien folgen. Darüber hinaus sollte insbesondere die Nachhaltigkeit der Systeme reformweisend sein. Deshalb eigenen sich Vorschläge, die darauf abzielen, Familien heute durch geringere Beiträge zu entlasten, die Systeme aber sonst nicht zu ändern, weniger. Hierbei gerät aus dem Blick, dass das primäre Problem in der gegenwärtigen Umlagefinanzierung insbesondere die Belastung der künftigen Generationen, also der heutigen Kinder, ist und nicht die Doppelbelastung der Eltern. Die Entlastung künftiger Generationen wird hingegen durch andere Maßnahmen treffsicherer erreicht. Vorgeschlagen wird, die Gesetzliche Rentenversicherung in ein System umzubauen, in dem vor allem die Kinderzahl das individuelle Rentenniveau bestimmt; die Gesetzliche Kranken- und die soziale Pflegeversicherung sollten hingegen um eine zusätzlichen, kapitalgedeckten Säule ergänzt werden.
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